African Mirror von Mischa Hedinger, 84 min, Forum
Ausschließlich aus Archivmaterial zusammengesetzt ist auch dieser schöne Film, der zeigen will, dass Bilder denken können und denken lassen, und dazu den filmischen Nachlass des altgedienten Schweizer Fernseh-Kolonial-Onkels René Gardi auseinandernimmt und neu wieder zusammensetzt. Gardi war anscheinend für die Schweiz so etwas Ähnliches wie Bernhard Grzimek für Deutschland; nämlich DIE populäre Afrika-Autorität – und nie war in der Schweiz bisher jemand auf die Idee gekommen, das Vermächtnis dieses Herren genauer zu untersuchen. “Ich weiß schon, dass das ein gefährlicher Film ist”, gab Regisseur Mischa Hedinger zu – “Es ist Montage als Demontage!” meinte Birgit Kohler zustimmend.

Mischa Hedinger und Birgit Kohler im Delphi, am 12.2.2019
Einige Leute im Publikum empfanden diese meisterhafte und feingliedrige Demontage allerdings als unbefriedigend oder gar als schmerzhaft. Zum Beispiel bezog eine Zuschauerin sich auf ihre afrikanische Herkunft und klagte an, dass der Film nur einmal mehr das Weltbild der Kolonialherren in aller Breite darstellen würde, was ihr persönlich weh täte. Andere, weniger berufene Kritiker im Publikum schlossen sich dem eilfertig an, so als ob damit auch ihr eigenes, weißes Unwohlsein gerechtfertigt wäre – und forderten, dass der Film auch den Sklavenhandel und den Krieg mit verhandeln, oder am Besten gleich mit einer Antwort aufwarten müsse, wie der Rassismus zu beenden sei.
Dass Hedingers Montagefilm wichtige Hinweise für so eine Antwort liefert, indem er Bildproduktion als Instrument des Kolonialismus kenntlich macht, hatten sie irgendwie übersehen. Diese eigenartige Blindheit könnte der Gewohnheit entstammen, heute nur noch Dokumentarfilme mit Identifikations- und Glücksversprechen zu konsumieren (weil es auch kaum noch andere gibt): Man sieht gern Portraits toller Menschen mit wunderbaren Ideen in schönen Landschaften, die sehr gerne auch die Welt verändern sollen. Sie können auch als Leidende gezeigt werden, was dann ebenfalls exotisch und schön aussieht und zumindest indirekt glücklich macht, weil es unsere Macht als potentiell großherzige Problemlöser und Helfer bestätigt.
Hedingers afrikanischer Spiegel verweigert aber solche Darstellungen, und reflektiert stattdessen unbequemerweise unsere Blickwünsche zurück auf uns selbst: Er zeigt eben nicht “die Afrikaner”, sondern viel mehr die Methoden “der Weißen”, mit denen sie ihr Bild von “den Afrikanern” zurecht gecastet und inszeniert haben.
Solche Demontagen und Selbstentlarvungen von Subtexten der Macht kann man übrigens sehr wohl auch genießen. Sie sind nämlich intelligent, selten, und sehr witzig.
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